Anfang Dezember 2021 äußerte sich SPD Politiker Pistorius dazu, dass Mord in Partnerschaften härter bestraft, Frauen besser geschützt werden müssen. Er bezog sich dabei auf die aktuellen Studien, die besagen, dass jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner ermordet wird. Pistorius will sich für härtere Strafen einsetzen. Und recht hat er. Ich hab, wie öfter bei solchen Berichten, mir ein paar Leser*innen Kommentare durchgelesen. Die meisten waren, ich kann es nicht anders sagen, sehr naiv. Also unfassbar naiv. Denn die meisten Kommentare gingen in die Richtung, warum denn das jetzt härter bestraft werden solle, Mord ist schließlich Mord. Grundsätzlich hätten die Leute damit Recht, aber Pistorius bezof sich mit seiner Aussage darauf, dass die meisten dieser Taten nicht als Mord, sondern als Totschlag gewertet werden und damit weniger bestraft werden. Ja, diese Einordnung muss sich ändern. Aber warum ist das überhaupt so? Warum wird es nicht als Mord gewertet, wenn ein Mann seine Frau / Freundin umbringt?
Ob es ein Mord oder ein Totschlag ist wird anhand des „niedrigen Beweggrund“ entschieden. Es ist also eine Auslegungssache. Warum wurde jemand umgebracht spielt dabei eine Rolle und das ist an sich auch gut zu. Das Bundesgerichtshof legt aber eine Trennung oder Angst vor einer Trennung im Falle eines Partnerschaftsmordes nicht als niederes Motiv einschätzt. Eifersucht wird verstanden, Trennungsangst ist doch normal und im Grunde bestraft sich der Täter selber, da er sich dessen beraubt, was er eigentlich behalten will. Und genau diese Einschätzung muss sich ändern. Denn etwas verlieren kann man nur, wenn man es besitzt. Ein Mensch kann und darf aber niemals als Besitz gewertet werden. Diese Denken, besonders in heterosexuellen Beziehungen, entspringt den Tiefen des Patriarchats. Dazu urteilt das BGH, dass die Frau durch die Trennung, ob geplant oder schon vollzogen, die Ursache für das Motiv legt. Selber schuld, ne? Wenn du nicht getötet werden willst, trenn dich halt nicht.
Also ja, Pistorius hat Recht, daran muss sich was ändern. Eifersucht, die Angst vor einer Trennung darf nicht als „gerechtfertigtes“ Motiv gelten und somit die Strafe mildern.
Damit ist es aber leider noch nicht getan, auch wenn ich es sehr begrüße. dass hier etwas getan werden soll. Es muss aber noch mehr passieren. Es muss z.B. aufgehört werden solche Morde zu verharmlosen oder gar zu romantisieren, durch solche Berichterstattungen in denen es als Beziehungs- oder Familiendrama bezeichnet wird. Nein, es ist kein Drama von Shakespeare, es wurde jemand getötet.
In Unterhaltungsmedien sollte toxisches Verhalten, wie Agressionen, Eifersucht etc nicht mehr als das Ideal eines starken Mannes dargestellt werden (ja, ich schiele hier z.B. auf 50 Shades of Grey oder Teeniefilme wie The Kissing Both uvm). Besitzansprüche gegenüber einem Menschen dürfen nicht mehr als sexy verstanden werden.
Auch müssen wir schon bei der Erziehung ansetzten. Aggressives Verhalten darf bei Jungs nicht als normal eingestuft werden, es darf auch nicht als Schwäche eingesehen werden, wenn ein Junge sich nicht raufen will.
Es muss auch mehr Aufmerksamkeit auf generelle Gewalt innerhalb von Beziehungen gelegt werden, es muss Hilfe für Opfer von Missbrauch werden, ohne, dass sie verurteilt werden oder Angst haben müssen.
Denn Gewalt in Partnerschaften nimmt immer mehr zu. 2020 gab es einen Anstieg um fast 5% im Vergleich zum Vorjahr an Fällen von Gewalt in Partnerschaften, wenig überraschend sind die meisten Opfer weiblich ( 80,5%) und die meisten Täter männlich (79,1%), wobei davon auszugehen ist, dass die die Dunkelziffer von männlichen Opfern wohl einiges höher sein wird, da diese noch viel weniger zur Polizei gehen als weibliche Opfer. Auch hier muss sich etwas ändern. Ja, auch Männer können Opfer von Gewalt innerhalb der Partnerschaft werden. Die Anzahl von weiblichen Opfern ist dennoch sehr viel höher, bei Tötungsdelikten um mehr als das dreifache.
Die Politik muss also etwas ändern, die Justiz, aber auch wir als Gesellschaft und jede*r einzelne von uns in unserem Denken und Handeln. Hoffentlich nehmen die Taten dann wieder ab, auch wenn es ein langer und schwieriger Weg ist (besonders da am Anfang eines solchen Umdenkens die Zahlen erst steigen werden, weil mehr Taten gemeldet werden).
Quellen:
Partnerschaftsgewalt Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2020