Mit ‘flinta’ getaggte Beiträge

Ich bin ja echt lange Zeit verschont geblieben, also wirklich lange. Ich weiß, dass viele meiner Freund*innen und Bekannt*innen schon häufig welche bekommen haben, regelmäßig.

Ich rede von diesen Bilder bei der irgendwelche Dudes ihren Lörres in die Kamera halten und das dann ungefragt an Leute (meist weiblich gelesene Personen) schicken.

Letzte Woche war es dann auch bei mir mal so weit. Ich hab über einen Nachrichtendienst so ein schmuckes Bild zugeschickt bekommen. Herrlich. (Achtung, Ironie)

Viele sagen ja, dass ist ein verfrühter Flirtversuch, eine Art Aufmerksamkeit zu erhalten. Nach meiner, zugegeben sehr eingeschränkten, Erfahrung ist es das aber nicht und ich finde diese Einordnung verharmlost es etwas.

Aber was ist passiert? Ist es wirklich so ein riesen Ding (nein, nicht was ihr denkt und nein, war es nicht), dass man wegen einem Bild einen Blogbeitrag schreiben muss?

Ich finde es wichtig darüber zu reden, wir müssen darauf aufmerksam machen und deutlich machen, dass es weder ein kleiner Scherz noch falsches Flirten ist.

Zu meinem Erfahrungsbericht und wir fangen ein bisschen früher an, denn auch die Vorgeschichte ist wichtig um so ein Verhalten einzuordnen. Hier sei aber kurz angemerkt, dass nicht jedes Gürkchen Bild überhaupt eine Vorgeschichte hat, einige Menschen erhalten diese ohne jemals vorher mit Gürkchenbesitzer jemals Kontakt gehabt zu haben.

Vor einigen Wochen hatte ich auf einer Dating App ein Match und weil ich manchmal etwas naiv bin (Ja, schuldig) hab ich sehr schnell meine Nummer rausgegeben. Der Dude hat mir dann geschrieben, wir hatten kurz Kontakt, schon Pläne für ein Treffen gemacht, aber da kam er mir schon etwas komisch vor. So Kleinigkeiten, wie ständig geschrieben, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass ich unterwegs bin oder der Vorschlag im Wald spazieren zu gehen, nachdem ich sagte ich treffe mich beim ersten Mal nur an einem öffentlichen Ort (oder bin nur ich das, die einen Wald nicht als unbedingt öffentlich ansieht…also ist er, war aber nicht was ich meinte, versteht ihr?). Das pushen dazu, dass direkt beim ersten Treffen was laufen sollte oder auch der kindische, ja in der heutigen Zeit sehr geschmacklose Spruch „Hast die Russen im Keller?“ als ich erzählte, dass was körperliches gerade nicht möglich ist. Junge, wenn du so einen Spruch brauchst, bist du nicht reif genug für Sex.

Ich hatte immer weniger Lust auf das Treffen, aber hatte auch die Stimmen von einigen Freund*innen im Ohr, dass ich zu kritisch sei (Ja, danke, bin ich wohl doch nicht). Zu einem Treffen kam es dank Corona dann doch nicht – Timing mich anzustecken war zwar an sich blöd, hatte hier aber einem Vorteil.

Da besagter Typ auch weiter meine Grenzen ignorierte und obwohl ich meinte ich melde mich immer wieder schrieb wie es denn aussehen würde – also mit einem Treffen, nicht weil er wissen wollte wie es mir so gesundheitlich geht. (meine Ansprüche sind echt zu hoch 😂). Ich hab ihn dann ignoriert, was ehrlich nicht cool war.

Wochen später hab ich auf ner anderen Plattform mitbekommen, dass er mir da eine Kurznachricht geschrieben hat. Und ich dachte mir, ok, sei ehrlich und schreib ihm, dass du kein Interesse mehr hast. Ich entschuldigte mich für die wochenlange Funkstille, erklärte ihm, dass ich das Gefühl hätte wir würden nicht auf einer Wellenlänge liegen, ich ihm aber alles Gute wünsche. Fand ich anständig von mir. Sah er halt nur anders. Natürlich akzeptierte er das so nicht und fragte, was das jetzt plötzlich soll – als wenn das vorige ignorieren seiner Nachrichten schon nicht eindeutig genug gewesen wären. Danach habe ich versucht eine klare Grenze zu ziehen und hab ihm gesagt, dass so eine Nachricht halt nix ändern wird und er das einfach akzeptieren muss. Ich meine, ehrlich, was meint er dadurch zu gewinnen? Dass ich meine Meinung ändere.

Ich hab danach nicht mehr dran gedacht und dann letzte Woche gesehen, dass er mir noch weitere Nachrichten geschickt hatte. Ich hab die ehrlich nicht gesehen.

Und, oh boy, was waren das für Nachrichten. O-Ton war ungefähr, dass ich total irre und geisteskrank wäre, ich ständig sowas machen würde, aber wohl immer wieder vergesse, dass wir schon ein paar mal öfter Kontakt hatten (like what??), ich ihn jetzt wieder unter fadenscheinigen Gründen blockieren würde, aber in ein paar Wochen geht’s dann wieder von vorne los.

Ok, also ich sag nein und deswegen bin ich geisteskrank? Interessant. Aber kurzen Moment mal – mehrfach schon Kontakt? War die Eule wirklich so verpeilt? Kurze Antwort – Ja, war sie. Ich hab tatsächlich kein gutes Gedächtnis welches Match (sprich welches Foto) zu welchen Nachrichten gehört. Ich schwöre ich bin sonst intelligenter. Hier in dem Fall aber direkt drei Mal nicht. Ja, genau, drei Mal (Asche auf mein Haupt). Ich war verpeilt, er hat aber absichtlich öfter Kontakt gesucht und dabei immer wieder gelogen. Was halt irgendwie creepy ist. Beim ersten Mal kam raus, dass er einen falschen Namen angegeben hat, er tat dann aber so als hätte ich das schon gewusst (wusste ich nicht), auch da hab ich es abgebrochen, weil er mir etwas merkwürdig vorkam, zweites Mal, wieder falscher Name und anscheinend auch falsches Alter. Ich hatte ihn extra gefragt, ob wir letztens schon geschrieben hatten, weil mir das so bekannt vorkam. Das hatte er verneint, was halt im Nachhinein sich als gelogen rausstellte und er mir ja dann zum Vorwurf machte, dass ich mich nicht erinnern würde. Auch hier wieder hab ich so respektvoll wie möglich versucht ihn zu erklären, warum das ein Deal-breaker für mich ist, hab ihm noch gesagt er solle sowas doch direkt aufklären und nicht so tun als ob das alles direkt bekannt wäre. Daraufhin versuchte er mich anzurufen. Weil klar, wenn dir jemand sagt, du hast eine Grenze überschritten, Ruf ich an und überschreite noch eine. Nur so nebenbei – genau das ist ein Verhalten den die meisten eher nicht so cool finden, egal was euch irgendwelche Hollywood Filme erzählen. Btw – beide Male hatte er eine andere Begründung für die falschen Angaben. Gar nicht verdächtige oder so. Ich hatte die Nummer dann blockiert. Blöd nur, dass man bei gewissen Nachrichtendiensten Kontakte einzeln blockieren muss. Allgemein die Nummer blockieren reicht da leider nicht. Daher 3. Kontakt. (Ja, lernen durch Schmerz, ich weiß).

Wir haben dann noch ein bisschen hin und her diskutiert. Ich, dass ich das seltsam finde und wenn er so verzweifelt ist er eine gewisse Straße in der Stadt aufsuchen soll, er, dass ich an Verfolgungswahn leide. Junge, würdest du auch wenn irgend so ein Hansel gleich mehrfach mit dir matched und das nicht aus Verpeiltheit, sondern um zu sehen wie weit er diesmal kommt. Ich hab dann aber einfach nicht mehr geantwortet – weil, wofür auch? Hab ihn aber nicht blockiert. Zwei Tage später seh ich dann in der Vorschau dieses hübsche *hust* Bild.

Ich war gerade mit anderen Leuten unterwegs und wir fanden das alle eher amüsierend und für mich stand fest, dass ich das anzeigen werde. Ich weiß immerhin schon eine Weile, dass es ziemlich schnell geht.

Dennoch hab ich am nächsten Tag etwas gezögert. Als ich mich nämlich weiter damit beschäftigt hatte bemerkte ich, dass es eine kleine Chance gab, dass während des Verfahrens der Typ meinen kompletten Namen herausfinden könnte. Im Hinblick auf meine bisherigen Erlebnisse mit ihm hat mir die Vorstellung ehrlich etwas Angst gemacht.

Nach einem kurzen Gespräch mit einem befreundeten Polizisten, der mir meine Sorge nehmen konnte, weil die Verfahren meist eh früher eingestellt werden, hab ich die Anzeige dann Sonntag doch aufgegeben. Ja, genau, obwohl die Anzeige sehr wahrscheinlich nicht weiter verfolgt werden wird. Einfach nur wegen der Statistik. Denn meine Hoffnung ist, dass durch mehr Anzeigen deutlicher wird, was das für ein Problem ist.

Deswegen möchte ich allen dazu raten solche Gürkche Bilder ebenfalls anzuzeigen. Es geht innerhalb von 5 Minuten über die Seite https://dickstinction.com/ – es ist aber natürlich völlig legitim, wenn sich jmd nicht sicher dabei fühlt und es deswegen nicht machen möchte.

Wie am Anfang beschrieben, ein solches Bild ist selten einfach nur ein Flirtversuch. Wie meine Geschichte zeigt wollte der Typ mir extra nochmal zusetzen, mir zeigen wie wenig er von Grenzen hält. Es war ein Versuch Macht über mich zu erhalten. Durch die Anzeige habe ich es für mich gut regeln können. Denn obwohl ich einerseits darüber lachen kann, obwohl es irgendwie sogar ne lustige Partygeschichte ist – haha, Eule und ihre Datingversuche – hat es ja dennoch was mit mir gemacht. Ich gebe Dating jetzt tatsächlich erstmal auf, hab mich auf den Plattformen angemeldet und werde zukünftig doch vorsichtiger sein. Und für andere ist es keine lustige Geschichte, die man beim Wein seinen Freund*innen erzählt. Viele fühlen sich machtlos, während andere so viele bekommen, dass sie es schon als normal abtun. Es ist nicht normal, es ist eine Straftat ( § 184 Nr. 6 StGB). Und deswegen müssen wir darüber reden, schreiben, aufklären.

So, und nun zum Abschluss noch ein Video an alle die nach wie vor denken es ist doch irgendwie cool seinen kleinen Freund einfach ungefragt rum zu zeigen (eigentlich ein Business Tipp, gilt hier aber genauso):

https://youtu.be/BeWpX-ypSls

Immer wieder stoße ich bei feminstischen Diskussionen auf das Thema Sexarbeit und die sehr unterschiedlichen Ansichten vieler Feminist*innen und allen die sich irgendwie mit dem Thema beschäftigen. Ich habe versucht mir eine eigene Meinung zu bilden und bin auf viele Für und Wider gestoßen. Es ist nicht alles schwarz, nicht alles weiß und eigentlich passt auch Grauzone nicht richtig. Sexarbeit ist vielfältig, auch wenn die meisten wohl automatisch an Prostitution denken.

Es gibt grob gesagt zwei Auffassungen. Die einen sagen selbstgewälte (das ist wichtig!) Sexarbeit ist ein normaler Beruf und kann für einige empowernt sein.
Die anderen sagen es spielt den patriarchischen Strukturen in die Hände und stärkt das Patriarchat. Schließlich kauft in der Regel ein Mann eine Frau, so die Meinung.
Die Diskussion ist nicht nur eine um Sexarbeit, sondern um Sex generell. Wie befreit sind wir? Wie eingeschränkt sind wir? Das ganze Thema ist so komplex, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich dem in einem Blog Beitrag wirklich gerecht werde, aber ich gebe mir Mühe. Das heißt aber auch, dass das hier etwas länger werden könnte.

Was umfasst Sexarbeit

Wie bereits geschrieben, Sexarbeit ist viel mehr als „nur“ Prostitution, sondern wie der Name schon sagt, ist damit jegliche sexuelle Dienstleistung, die gegen Entlohnung erbracht wird, gemeint. Also Pornodarsteller*innen, Stripper*innen, Aktmodels (also wie bei Onlyfans) und viel mehr. Die Hauptdiskussion bezieht sich aber auf Prostitution.

Besonders hervorheben möchte ich hier Sexualbegleiter*innen. Diese bieten genau wie Prostituierte sexuelle Handlungen an, der Fokus liegt aber eher auf Personen, die es schwerer haben Beziehungen einzugehen. Die Dienstleistung richtet sich meist an Menschen mit Behinderung, in Anspruch nehmen kann es aber jede*r. Der Unterschied ist hier, dass beide Parteien offen darüber kommunizieren, was geht und was nicht und niemand die Oberhand hat. Es geht viel mehr um die Nähe, als um einfach Rein/Raus Sex und es gibt (so die Idealvorstellung) kein Machtgefüge.

Kritik an Sexarbeit / Prostitution

Eines der ersten Argumente gegen Prostitution ist, dass es ein sehr patriarchales Konzept ist und gerade hierbei Frauen als Objekte angesehen werden, als kaufbar. Ich persönlich kann dieses Argument kaum unterstützen, verstehe aber wo es her kommt und ganz falsch ist es nicht. Gerade Männer, die Frauen für Sex bezahlen sehen diese Frauen tatsächlich als Objekte an. Liest man z.B. einige Bewertungen in Foren (das es sowas gibt ist schon perfide genug), dann kann einem nur schlecht werden. Da schreibt dann z.B. ein Mann, dass die Frau abwesend, wirkte, als ob sie sich zwingen müsste. Anstatt das aber als Zeichen zu sehen, dass sie wahrscheinlich tatsächlich dazu gezwungen wird bewertet er sie einfach lapidar mit weniger Sternen. „2 von 5 Sternen, weil sie hat es gemacht, war aber nicht begeistert.“ Solche Haltung ist schon ziemlich zynisch und ja, da kann ich verstehen, dass Leute da n sagen, dies ist Patriarchat in Reinform.
Was mir bei diesem Argument fehlt ist allerdings eine erweiterte Sichtweise. z.B sind nicht nur Frauen Prostituierte, nicht nur (Cis) Männer sind Freier. Zum anderen schwingt in diesem Argument direkt noch mit, dass einige radikale Feminist*innen generell der Meinung sind heteronormativer Sex sei generell patriarchalisch und damit von Feminist*innen abzulehnen, einige gingen dabei soweit zu sagen, dass alle Feministinnen lesbisch sein sollten. Für mich geht das zu sehr gegen die sexuelle Selbstbestimmung und klingt zu sehr danach, als wenn man sich die Sexualität aussuchen könnte (glaubt mir, kann man nicht, als ob ich dann hetero wäre), also genau das was auch homofeindliche A*schl*ocher sagen.

Für mich die Hauptargumente gegen Prostitution (und gegen Pornographie) ist die Ausbeutung und Ausnutzung, hauptsächlich von Flinta*. Vielen bleibt oft keine andere Wahl, weil sie kaum andere berufliche Chancen haben. Gerade bei Migrant*innen ist das leider oft der Fall. Dazu gibt es viele Verschleppungen und Zwangsprostitution. Dahinter steckt eine wahre Industrie, die sich darauf spezialisiert hat (hauptsächlich) Frauen aus anderen (ärmeren) Ländern nach Deutschland zu locken, zur Prostitution zu bringen (also zwingen) und an ihnen zu verdienen. Oftmals z.B. wird den Frauen eine liebevolle Beziehung vorgetäuscht, gelockt mit Umschmeichlungen und Geschenken und späteren Gasligting „Wenn du mich liebst, machst du das“ gefügig gemacht. Hilft das nicht kommt noch Gewalt und Erpressung dazu. Als wenn das nicht schon verachtungswürdig genug ist lasse sich diese Menschen immer neue Strategien einfallen und nutzen dabei hauptsächlich die Not aus, in der sich die Opfer befinden. Selbst der Ukraine Krieg wird dafür ausgenutzt. Es wird zu den Grenzen gefahren oder an deutschen Bahnhöfen auf Flüchtende gewartet, ihnen wird Hilfe versprochen, der Pass abgenommen und sie werden zur Prostitution gezwungen. Ja, Menschen sind scheiße.
Die Opfer empfinden es mit Sicherheit nicht als Empowerment und es hat auch nichts mit Emanzipation zu tun. Die Menschen die die Notlage anderer so dermaßen ausnutzen die haben jegliche Menschlichkeit schon lange verloren.
Es gibt auch selten einen Ausweg daraus, denn die Macht ist dabei zu groß. Und unserer Gesetzt schützt diese Opfer nicht, obwohl es sich hierbei um Menschenhandel handelt.

Was für Sexarbeit / Prostitution spricht – Kritik an einem reinen Verbot

In Deutschland ist Prostitution unter Regeln erlaubt, in Schweden ist es dahingehend verboten. Viele Aktivist*innen fordern auf Grund der o.g. Argumente (die noch viel tiefgehender sind, aber wie gesagt Blogbeitrag und so) eine Umstellung auf das nordische / schwedische System. Nach diesem Prinzip ist Sexkauf verboten, im Gegensatz aber z.B. zu der USA, werden hier nicht die Prostituiert*innen zur Strafe gezogen, sondern die Freier und die, die die Prostitution unterstützen und von ihr profitieren. Dies sollte zum einen die eigentlichen Nutznießer (also Freier*innen und Zuhälter*innen) in die Verantwortung nehmen, aber auch die Flinta* schützen. Nachdem ich eine Doku darüber gesehen habe (Link kommt unten bei den Quellen) bezweifle ich aber sehr stark, dass das Ziel wirklich erreicht werden konnte. Prostituierte berichten, dass sie das Geschäft in Privatwohnungen verlegen mussten, sie also meist mit den Freier*innen alleine sind, die Auswahl auf der Straße muss schneller getroffen werden, aus Angst, dass man erwischt wird. Zwar werden die Prostituierten nicht mehr bestraft, aber sie wollen natürlich dennoch ein Geschäft machen. Strafe ist für sie der Wegfall nicht nur eines Kunden, sondern im schlimmsten Fall aller. Mit dem Komplettverbot hatten viele einfach keinen Job mehr. Stell dir vor du dürftest deinen Büroberuf nicht mehr ausüben, weil andere Firmen der gleichen Branche ihre Mitarbeiter*innen ausgebeutet haben (ja, passiert auch im Westen), aber dir ging es bis dahin gut. Blöde Vorstellung oder? Natürlich ist das überspitzt und sehr vereinfacht, denn Sexarbeit ist eben kein Bürojob.
In Schweden sagen einige der Prostituierte, dass es jetzt auch gefährlicher wurde, weil es kaum noch wirkliche Kontrollen gibt. Tatsächlich ist die Polizei für diese Fälle eher unterbesetzt. Und auch in Schweden kommen täglich Menschen aus Osteuropa an, die dann kaum eine andere Wahl haben, aber auch das nicht richtig ausüben können. Andere Jobs gibt es kaum. Helfer*innen, die Ausstiegsmöglichkeiten anbieten wollen, können meist nur ein Flugticket ins Heimatland anbieten.

Dazu kommt dass es auch Prostituierte gibt, die den Job sehr gerne machen und ihn ausleben möchten, ohne Stigmata, ohne Verbot. Im Verhältnis zu denen die auf die ein oder andere Art gezwungen sind (ob nun durch Umstände wie Armut oder durch andere Menschen) ist deren Anteil aber gering. Es gibt sie dennoch. Weil es ihnen Spaß macht, weil sie gerne ihr Geld damit verdienen. Zu sagen, dass das gar nicht sein kann halte ich für ziemlich eingeschränkt und entspricht mehr dem Patriarchat, als die Tätigkeit. Denn hier wird nur wieder der Aberglaube aufgewärmt, dass Flinta* gar nicht gerne Sex haben, die Sexualität von allen, die nicht Männlich sind wird geradezu verleugnet und wieder mal mit Scham belastet. „Du bist kein Mann? Dann findest du Sex ja doof, also kannst du den Job doch gar nicht gut finden.“ Und wie gesagt gibt es ja auch Männer die als Call Boys, Gigolos etc. arbeiten.

Auch die oben bereits erwähnten Sexbegleiter*innen könnten negativ von einem solchen Verbot beeinflusst werden. Zum Beispiel könnten sie auch darunter fallen und somit würden sie ihren Job verlieren. Bei einem kompletten Verbot würde das auch Menschen treffen, die ohne Sexualbegleiter*innen keine andere Möglichkeit haben, den Zugang zur Deckung eines Grundbedürfnisses entziehen. Sollten sie eine Ausnahme erhalten kann ich es mir durchaus vorstellen (reine Spekulation meinerseits), dass sie dann viel mehr Kund*innen bekommen, die den eigentlichen Sinn ignorieren, also die Beidseitigkeit wegfallen lassen wollen.

Die Frage ist – wen müssen wir schützen? Die Mehrheit die unter Zwangsprostitution leidet oder die Minderheit, die den Job gerne machen? Lässt sich ein Mittelweg für alle finden?

Empowerment oder doch eher White Feminisim?

Die großen Verfechter*innen von Sexarbeit in jeglicher Form sieht diese als Empowerment und Emanzipation. Eine Chance Macht über sich, seinen Körper zu haben. Und ich kann mir das gut vorstellen. Sie haben die Kontrolle über ihren Körper und was damit passiert (im Idealfall). Das gefällt zwar einigen nicht und so werden Flinta* die selbstbewusst sich für Sexarbeit entscheiden oftmals beleidigt, während die gleichen Leute es feiern, wenn Nachtbilder unfreiwillig geleaked und veröffentlicht werden. Und da wären wir wieder bei den allgemeinen Machtstrukturen. Es ist für viele halt geiler, wenn sie Macht über eine Person ausüben können, als wenn die andere Person Macht über sich selbst hat.
Mir kam zu dem Thema ein Gedanke auf. Zwar finde ich es wichtig, dass Sexarbeit nach und nach enttabuisiert wird und wer Jobs in der Sexindustrie ausüben möchte soll das bitte auch tun dürfen, aber in all dem wird tatsächlich, und da muss ich den radikalen Feminist*innen Recht geben, außer Acht gelassen, dass die meisten das nicht gerne tun. Die, die gerne es tun und eben als empowernd empfinde, dass sind hauptsächlich weiße CIS, Heterofrauen aus dem Mittelstand, aus dem Westen. Sie wurden nicht aus ärmeren Ländern nach Deutschland gelockt, sind nicht vor Krieg geflohen, sie haben eine Wahl. Eine Wahl, die viele nicht haben. Der White Feminisim unterläuft häufig der Fehler die Probleme von Flinta*, die mehr benachteiligt sind als sie selber, nicht zu sehen, nicht sehen zu wollen, als nicht wichtig anzusehen, ja sogar als störend zu empfinden, denn plötzlich geht es nicht mehr um die eigenen Probleme, sondern um die der anderen. Dabei soll gerade der Feminismus die stärken, die weniger Rechte haben. Sprich alle auf ein gleiches Level heben. Das kann aber nur passieren, wenn wir denen, die weniger haben dabei unterstützen dem zu entfliehen, ihnen die gleichen Rechte und Möglichkeiten einräumen, die wir schon haben. Und das geht halt nicht, wenn wir Sexarbeit ohne weiteres hinterfragen einfach so feiern. Als (intersektionale) Feministin muss ich zu Erst schauen, dass ich die Rechte der anderen stärke, ehe ich auf mein eigenes Empowerment blicken kann. An Strukturen festhalten, die andere benachteiligt, nur weil ich zufällig von ihnen profitiere ist halt nicht feministisch.

Jedem sollte sein Job gefallen, aber gerade Sexarbeit sollte nur dann gemacht werden, wenn man es wirklich will und nicht als einziger Ausweg aus Armut oder aus Zwang. Aber ist ein kompletter Verbot wirklich die Lösung? Ich denke eher nein, auch wenn ich den Ansatz des schwedischen Modells Freier*innen und Zuhälter*innen in die Verantwortung zu ziehen, statt der Prostituierten, als den besten Ansatz sehe. Zwangsprostitution und Verschleppung hat das m.A. nach aber nur bedingt was entgegen gebracht.
In Deutschland hat man es auf andere Weise versucht und einen Papier- und Verwaltungsakt draus gemacht, kontrolliert wird aber auch hier nicht wirklich. Es gibt schon Verbände für Sexarbeit, die müssen da m.M. mehr mit einbezogen werden.
Ein Mittel um zumindest die aus Armut resultierende Sexarbeit einzudämmen sind da die Öffnung des Arbeitsmarktes für Einwander*innen und Flüchtlinge, denn wer offiziell nicht arbeiten darf ist gezwungen anders Geld zu verdienen und die Anhebung des Mindestlohnsatz und leichterer Zugang zu staatlichen Zuschüssen.
Ich habe einmal sehr naiv darüber nachgedacht, ob es nicht eine Art „Gütesiegel“ für Prostituierte geben könnte. So eine Art TÜV. Und nur wer das (egal ob Freiberuflich oder der Puff) darf dem nach gehen. Und wenn Freier*innen das nicht prüfen und eben zu Prostituierten ohne Siegel gehen werden sie bestraft (nicht die Prostituierten). Ich hab ja gesagt, super naiv und kann bestimmt auch ausgenutzt werden, aber ich fände es dennoch gut, wenn es einmal im Leben so einfach wäre (Ist es aber nicht).
Auch müssen mehr Ausstiegsprogramme angeboten werden und dabei darf es nicht die einzige Lösung sein, dass man sie abschiebt und in das Land, aus dem sie geflohen sind (oder verschleppt wurden) zurück schickt, wenn sie das nicht wollen. Das Problem hierbei ist nämlich, dass die Gefahr durchaus besteht, dass sie den gleichen Täter*innen in die Hände fallen wie zuvor auch und dann wieder feststecken. Es ist ein Teufelskreis.

Ich merke selber, dass ich mich zumindest in der Diskussion, selbst im Kreis drehe. Sexarbeit wenn wirklich 100% freiwillig, ja, bitte, macht. Zwanghaft, besonders in Verbindung mit Menschenhandel, ist aber auf keinen Fall zu erdulden. Und wie soll sichergestellt werden, dass die eine an der Ecke da jetzt wirklich steht, weil sie will und nicht weil ein breitschultriger Glatzkopf an der nächsten Ecke sie beobachtet und bedroht? Wer kontrolliert, ob es aus Geldnot getan wird oder weil man eben damit am liebsten Geld verdienen will? Wäre dann ein Mindestsatz für Prostitution eine Idee? Alles was unter 100€ die Stunde ist ist strafbar? Zumindest wäre es ein Indiz für Freier*innen, die so gerne die Augen verschließen („wirkte lustlos“), aber das würde am Ende nur wieder den Luden zu Gute kommen.

Es ist ein wirklich schwieriges Thema und eben nicht einfach schwarz/weiß mit einfachen Lösungen.

Quellen:
https://www.sexualbegleitung.com/
https://www.gender-nrw.de/sexarbeit/

Doku – ZDFzoom – Deutschland und der gekaufte Sex:

Disclaimer: An den Stellen, an denen ich Frauen / Männer benutze habe ich das bewusst so gemacht, weil es in häufiger diese Gruppen betrifft. Solltet ihr finden, dass es an dieser oder jenen Stelle falsch war, dann lasst uns gerne darüber reden. Austausch ist immer gut. 😊 Und nein, ich weiß nicht ob und wie man Prostituierte gendert und bei Freier*innen bin ich mir auch nicht sicher ob das so stimmt. Auch ich lerne immer wieder.