vor ein paar Tagen sah ich dich in der Starßenbahn, du hast mir gegenüber gesessen, genau wie ich Kopfhörer auf, ein Buch in der Hand, du die Biografie von Muhammad Ali, ich die ersten Kurzgeschichten vom Hexer. Zwei Gemeinsamkeiten (Musik und Lesen) und doch große Unterschiede. Denn es war offensichtlich, dass wir nicht die gleiche Musik hörten.
Ich sah dich kurz an, kurz bevor ich ausgestiegen bin, ein Moment, nur ein paar Sekunden, aber genau in dem Moment hast du es geschafft mir ein kleines Lächeln zu entlocken, ohne das du es bewusst gemacht hast oder es überhaupt gemerkt hast, denn du warst weiter vertieft in dein Buch.
Wie du das geschafft hast? Ganz simpel, du warst so versunken in deiner Welt, dass du ganz unbewusst, einen kleinen Mment vergessen hattest wo du warst und bei einer Stelle des Liedes einfach mitgemacht hast, stumm das Wort mitgesprochen, eine Geste mit der Hand (diese Gangster-Rap Gesten, von denen ich keine Ahnung hab). Es war so widersprüchlich zu der Musik die ich gerade hörte (leider weiß ich nicht mehr was es war, aber wahrscheinlich etwas rockiges, lautes) und obwohl ich mit Hip Hop nicht wirklich etwas anfangen kann war das etwas, was mich einfach freute.
Das du so darin aufgehen kannst und so in deiner Welt, ist etwas, was mir selbst immer wieder passiert. Das dir das auch so geht zeigte mir, dass obwohl man nicht viel Gemeinsam hat es doch Dinge gibt, in denen man gleich bescheuert ist. Und es erinnerte mich daran, dass man sich auch in einer vollen Straßenbahn einfach mal treiben lassen kann und sich an dem erfreuen kann was man gerade macht. Das zeigt eben, dass es nicht nur Berieselung gegen die Langeweile ist.
Manchmal sind es diese kleinen Begegnungen und Beobachtungen, die einen mehr beeinflussen, als jahrelange Bekanntschaften. Ich freue mich immer, wenn ich jemanden sehe, der so reagiert, z.b. im Auto hinter mir einfach mitsingt. Einfach das Leben so genießt wie es gerade kommt. Es sind Momentaufnahmen, von Dingen die sonst kaum einer sieht und ich fühle mich dadurch, dass ich sie mitbekomme, als etwas besonderes und verbunden mit eben jenen, mir völlig fremden Menschen. Es sind diese Momente, warum ich trotz aller negativen Seiten gerne mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahre. Denn man erhält so einen kurzen Einblick in ein anderes Leben, sieht neue Seiten und Ähnlichkeiten, bei Menschen, mit denen man glaubte keine zu haben. Noch etwas mehr, wenn der Gegenüber einen auch ansieht und ebenfalls darüber lächeln kann.