…. ein Erfahrungsbericht über das „Alleine-Reisen“ und ein bisschen was zu einer der schönsten Städte Europas schreiben.
(wem der ausführliche Bericht zu lang ist, der kann ganz unten zum Fazit scrollen, wo ich auch ein paar Brügge Empfehlungen aufgelistet habe)
Schon seit einige Zeit, bzw immer mal wieder, kam der Gedanke bei mir auf, einfach mal alleine zu verreisen. Ein bisschen „Me-Time“, etwas aus der Komfort-Zone raus. Das, plus dass ich nicht immer jmd finde, der / die mit möchte oder kann haben mich dazu bewegt es endlich mal anzugehen. Denn, als ich mir überlegte was ich in den zwei Wochen Urlaub, die anstanden, machen wollte stand für mich eines fest: „Bloß nicht wieder zu Hause rumgammeln“.
Ein paar Tage vor Brügge hatte ich übrigens das genaue Gegenteil, ein paar tolle Tage in den Haag mit eine Haufen sympatischer Chaoten und da war ich quasi nie alleine. Einen Reisebereicht darüber spar ich mir, aber wen es interessiert kann es bei Foxxy nachlesen. Aber dafür kann ich ziemlich gut Vergleiche ziehen.
Als ich den Entschluß gefasst hatte das jetzt doch endlich mal durch zu ziehen stellte sich die eine große Frage – Wohin? Ok, auf Grund von Corona war die Auswahl eh etwas eingeschränkt, meine erste Wahl Dublin fiel alleine deswegen schon raus, weil man sich in Irland zwei Wochen nach der Einreise in Quarantäne begeben muss (zumindest als ich buchen wollte) und das macht bei 4 Tage Aufenthalt irgendwie keinen Sinn. Aber wo, in Europa, wollte ich noch schon immer hin und hatte es noch nicht geschafft? Mir fiel Brügge ein, weil eine Freundin dort erst war und natürlich wegen dem Film „Brügge sehen und sterben“ (absolute Empfehlung).
Und dann ging es los mt der Plaung. Lieber Hotel, Pension, Hostel oder AirBnB? Ich entschied mich für ein AirBnB, was sich als echter Glücksgriff erwies. Wer in Brügge eine Unterkunft sucht sollte sich bei Hans und Reinhard melden. Hans hat mich gleich vorab mit vielen Informationen versorgt und auch zwischendrin nachgefragt, ob alles in Ordnung war. Beide haben meine einzige Kritik sehr gut aufgenommen (ich wurde in der Nacht von Mücken zerstochen, ich habe also ein Fliegen-Netz empfohlen). Und ie hinkommen? Die Bahn ist momentan unfassbar teuer (teurer als sonst und ja, das geht), ein Auto habe ich nicht. Also mit dem grünen Bus. Das war sowohl vom Zeitaufwand, als auch vom Preis her völlig in Ordnung.
In Brügge angekommen habe ich mich ersteinmal orintiert und meine Unterkunft gesucht und mich dabei einfach schon in die Stadt schock-verliebt. Ich stand dann da, mit meinem Trolly auf einer Brücke und habe erst einmal einen Schmetterling beobachtet.
Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, den unfassbar tollen Ausblick genoßen habe bin ich auch schon los. Auf gehts los, dachte ich mir. Und landete in leeren Gassen. Wie seltsam ruhig es war. Es war wirklich fast niemand auf den Straßen, es fuhren kaum Autos. Ohne einen Plan bin ich also erst einmal los, habe aber später doch Google-Maps zur Hilfe genommen um mich zu orientieren. Ehrlich gesagt hatte ich ganz schön Hunger. Ich hätte mir da eigentlich früher was raussuchen sollen, aber ich dachte mir „bei über 500 Restaurants wirst du schon was finden“. Ja….falsch gedacht. Ich hatte eine viel zu teure Pizza, die nicht wirklich gut war. Aber die Kellnerin war sehr bemüht, das muss ich sagen. Start fing also so semi an, aber ich war immer noch verzaubert von der Stadt. Die Suche nach was Essbaren hatte auch den netten Nebeneffekt, dass ich mich direkt in der Innenstadt umgesehen hatte.
Da der Bergfried für den Tag schon ausgebucht war, bin ich in das Gebäude (quasi) nebenan, ins Historikum. Dies ist eine mediale Führung durch das Brügge zur Zeiten des Künstler von Jan an Eyck. Es wird eine Liebesgeschichte im Jahr 1435 erzählt und man erhält einen schönen Einblick in das Leben von damals. Danach habe ich mir ein Bier im Duvelorium Grand Beer Café gegönnt, mit Blick auf den Markt. Anschließend bin ich weiter durch die Gassen gezogen. Ich hatte mir vorab einen Reiseführer, in der zwei Touren durch Brügge beschrieben werden, zugelegt und folgte der ersten Tour mal mehr mal weniger. Ziemlich spontan machte ich eine Bootstour, da mir diese von vielen Seiten empfohlen wurden und ich mag Wasser einfach. Aber ich kann es nicht empfehlen, gerade in der Corona Zeit nicht. Die Boote werden nämlich trotzdem voll gepackt, man solle doch bitte aufrücken. Da Brügge sonst sehr vorbildlich mit der Situation umgeht (in der Innenstadt muss auch draussen immer eine Maske getragen werden) hatte mich das schon verwundert.
Danach bin ich weiter der Tour gefolgt (so etwas), habe mich aber immer wieder durch Kleinigkeiten ablenken lassen. Meinen ersten Abend habe ich gemütlich mit Bier und Chips, einem Buch und einer Serie beendet.
Der zweite Tag war tatsächlich direkt besser (und das obwohl der erste nicht wirklich schlecht war). Ich hatte mir ein Lokal mit eine guten Frühstücksangebot rausgesucht (davon gibt es in Brügge eine Menge) und OmG, war das gut. Mein Bedürfniss nach Food-Porn-Bildern konnte ich hier definitv befriedigen. (Bilder folgen unten). Da Brügge voll vo Kirchen, Wasser, Gassn ist bestand mein zweiter Tag genau daraus. Mittags bin ich dann zum Bergfried. Ich wollte auf den berühmten Turm. Ja, ok, ich ha Höhenangst, aber nur wenn es wackelt oder es offen ist. Das ist ein geschlossener Turm, das wird schon. … Wurde es nicht. In meinem eifer hatte ich völli übersehen, dass ich sowas noch nie alleine gemacht habe und hab auf der Hälfte erst einmal eine schöne Panik-Attacke bekommen. Weil… keine Ahnung… es windig war. Da stand / saß ich nun, um mich herum das Gemäuer, traute mich nicht weiter hoch, hörte den Wind pfeifen, versuchte einen Heulkramkpf zu unterdrücken (auf keinen Fall sollten die anderen Touris mich heulen sehen, weil ich bin doch eine starke, unabhängige Frau). Aber runter wollte ich auch nicht (Stark & Unabhängig!!!). Aber nachdem die Panik nur bei dem Gedanken weiter hoch zu müssen immer wieder kam bzw ich eine neue Panik vor der Panik entwickelte bin ich tief geknickt wieder runter und gönnte mir erstmal ein Stück Kuchen (The Gulliver Tree, super lecker und gemütlich).
Und so schaute ich mir weiter die ungefährlichen Gassen und Kirchen und Grachten an, genoß den Tag, spazierte an Mühlen vorbei. Abends ass ich in einem sehr coolen Lokal, Backstein-Wände, etwas Rock-Musik, Kerzenschein und unfassbar leckeres Essen (Lokkedize). Vlt weil ich alleine war, aber ich genoß alles. Und der Kellner war super nett, sprach mit mir soweit es ging deutsch und alles in allem war es ein schöner Abend.
Was man einmal gemacht haben muss ist Brügge bei Nacht sehen. Die eh schon wundervolle Stadt bekommt dann noch einmal einen ganz neuen Charme.
Ok, dritter Tag. Mit beiden Touren aus dem Buch war ich fast durch. Was also tun? Zum Glück ist Brügge voll mit Museen. Nach einem tollen Frühstück im „Books and Brunch“ (es ist genau das wonach es sich anhört und toll) bin ich in die Chocko-Story, also dem Schokoladen-Museum von Brügge. Ja, ich weiß – Köln hat auch eines und d wll ich auch mal wieder rein, aber Belgien ist eben bekannter für Schokolade als Deutschland (leugnen bringt hier nix) und danach in die Beer-Experience, also dem Biermuseum mit anschließendem Bier-Tasting. Beides super interessant und ehrlich mal – Schokolade & Bier – was will man denn noch mehr?
Da ich tatsächlich auch ein paar Souvenirs (also Schokolade) kaufen wollte bin ich auf Empfehlung meines Gastgebers noch zu Choclate Line gegangen. Meine Güte, das war ein Fehler. Der Laden ist viel zu cool und man gibt da so schnell Geld aus. Habe ich zu viel gekauft? Ja, vlt. Bereue ich es nicht noch mehr gekauft zu haben? Ja, auf jeden Fall. Ich muss da nochmal hin. Denn „Choclate is Rock’n’Roll“
Meinen letzten halben Tag habe ich dann genutzt und bin noch in die Salvador Dali Ausstellung gegangen, die ich aber nur empfehlen kann, wenn man großer Fan des Künstlers ist und Originale sehen oder sogar erwerben will. Wer etwas über ihn erfahren will muss sich durch einen Schnell-Hefter wühlen, wobei die Anordnung der Bilder & Skulpturen nicht mit der Reihenfolge in der Mappe übereinstimmen. So hatte ich da leider wenig Spaß dran. Nach einem weiteren Spaziergang durch die Stadt einer belgischen Waffel habe ich mich dann auch schon auf den Heimweg gemacht. Es waren schöne Tage, definitiv.
Fazit Brügge + Tipps
Brügge ist schön, eine, wenn nicht die, schönste Stadt Europas. Brügge hat im Grunde Glück im Unglück gehabt, denn sie hat nicht von der Industrialisierung profitiert und wurde in den Kriegen größtenteils verschont. Das sieht man an jeder Ecke. Und trotz der, für die kleine Stadt, vielen Menschen ist Brügge sehr sauber. an den Grachten und in den Parks stehen überall grüne Stühle, die zum Verweilen einladen. Mit einem Bierchen am Wasser sitzen ist hier definitiv kein Problem. Und ja, die Stühle werden nicht demoliert oder ins Wasser geschmissen.
Brügge – eine klingende Stadt
Anders kann ich es nicht bezeichnen. In Brügge gibt es viele Kirchen und mit ihnen viele Glocken. Es ist quasi egal wo man ist, irgendwann hört man immer eine und sei es daß Glockenspiel vom Bergfried. Aber es ist nicht störend. Im Gegenteil, es passt sich wunderbar in das ruhige Stadtbild und verleiht es etwas noch friedlicheres. Das Bild einer Musikstadt wurde noch verstärkt, als ich eines Abends auf dem Weg zurück zum Zimmer Musik hörte. Aus Neugier und Konzertentzug bin ich der einfach gefolgt und stand dann vor einem großen Gebäude in dem anscheinend geprobt wurde. Ich stand da einfach vor und hab zugehört. Ein zweites Erlebnis war eine Gruppe von Jugendlichen, die auf dem Marktplatz mit Gitarren stand / saß und bekannte Lieder spielte und sang. Klar, Straßenmusiker gibt es überall, aber waren sie so im Mittelpunkt und es störte keinen. Man kam zusammen (mit Abstand natürlich) und hörte einfach zu.
Es lohnt sich auf jeden Fall die Stadt zu besuchen. Aber Brügge ist auch sehr teuer. Ein Gericht unter 10€ findet man im Grunde nicht, die Museen bewegen sich auch alle um die 10-13 €. Man sollte also Brügge nur mit genug Reisebudget machen, sonst kann man es nicht genießen.
Empfehlungen:
- Bergfried (zeigt mir, dass ihr mutiger seid als ich)
- Historikum
- Beer Experince
- Chocolate Story
- Durch die kleinen Gassen wandern
- An den alten Mühlen vorbei gehen
- Gemütlich an einer Gracht sitzen, ein Buch lesen und die Zeit genießen
- Brügge Nachts
- Ein Stück Kuchen im „The Oliver Tree essen“
- Dinner im Lokkedize
- Frühstück im Books and Brunch (und dann natürlich Bücher schmökern)
- Pralinen von Chocolate Line (Hans hatte mir noch Spegelaere empfohlen, da hab ich es aber nicht hingeschafft)
- Wer noch etwa Zeit hat – das Meer ist nicht weit (auch das hab ich nicht geschafft)
Nicht empfehlenswert:
- Die Salvador Dali Ausstellung
- Die Bootstour
- Irgendwelche beliebigen Restaurants (hier gibt es einige, die teuer sind, aber wenig Qualität bieten)
- Genau wie einige der Chocolate Stores.
Fazit – Alleine Reisen
Tatsächlich hatte ich es mir schlimmer vorgestellt. Aber ich habe mir auch vorher Tipps besorgt. Das wichtigste ist vorab einen Plan zu haben, was man machen möchte, mit genug Freiraum diesen zu ändern. Denn der Freiraum ist das, was für mich die Erfahrung am besten gemacht hat. Es war egal, dass ich 10 Minuten einen Schmetterling beobachtet habe oder dass ich statt zurück ins Zimmer in die andere Richtung gelaufen bin, weil von dort Musik kam. Ich konnte mir Museen ansehen, die mich interessiert haben und es konnte mich keiner drängen, mich endlich für ein Restaurant zu entscheiden. Alles lag an mir. So konnte ich mich auch einfach mal ans Wasser setzen und lesen. Auf der anderen Seite muss ich aber sagen, dass es mir schon gefehlt hat mich mit anderen über meine Eindrücke auszutauschen und gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen zu haben. Und ich hatte schon ein Problem damit nur mit Menschen zu reden, wenn ich etwas gekauft oder bestellt habe (vlt hab ich deswegen so viel Geld ausgegeben 🤔). Ich bin einfach gerne mit anderen Menschen zusammen, auch wenn ich dann selbst nicht viel rede. Da ich aber auch zu schüchtern bin um einfach so neue Leute kennenzulernen konnte ich mein Bedürfnis nach Kommunikation nicht wirklich befriedigen. Als mich eine Freundin fragte, ob ich Spaß habe wusste ich ehrlich gesagt nicht was sagen soll. Denn ja, ich hatte eine gute Zeit, aber ich würde es nicht als Spaß bezeichnen.
Würde ich wieder alleine reisen? Ja, aber nur wenn ich irgendwo hin will und sonst keinen finde. Zum Glück sind einige meiner Freunde genauso reiselustig. Eine Alternative wären noch Reisegruppen, z.b. mit Sprachreisen. Auch das ist etwas, was ich evtl noch machen werde. Ist nur momentan einfach alles ein bisschen schwieriger.