Die Top Gegenargumente und meine Meinung dazu
Kommen wir nun zum spannenden Teil. Meine Aufarbeitung der Top Gegenargumente. Die Reihenfolge ist zufällig und hat keinerlei Relevanz
In Deutschland wird die Frauenquote nicht benötigt. Sind Frauen qualifiziert bekommen sie auch den Job.
Das stimmt leider nicht. Wie das Beispiel sowohl an den Frauenquoten in der Politik als auch in der Wirtschaft zeigt, steigen die Anteile an Frauen erst seit dem es die Quoten gibt und werden dabei kaum überschritten (Ausnahme sind hier die Grünen). Im Bundestag gab es seit über 30 Jahren keine Entwicklung nach oben. Genauso lange gab es auch keine Erhöhung der bestehenden Quoten oder Einführung von einer Quote.
Weitere Beispiele zeigen, dass kaum geschlechterneutral eingestellt wird.
In den 70er Jahren führte die New Yorker Philharmonie (auf Grund einer Klage) das blinde Vorspiel ein. Danach stieg der Frauenanteil innerhalb von 10 Jahren von fast 0% auf 10%. Klingt nicht viel, wenn man aber bedenkt, dass Orchester selten neue Plätze vergeben ist der Anstieg enorm. In den 80er Jahren lag der Frauenanteil bei Neueinstellungen bei 50 %, die gesamte Quote liegt bei 45%. Hätte sich das geändert, wenn es das blinde Vorspielen nicht gegeben hätte? Vielleicht, aber ich bezweifle es ganz stark. Und wenn, dann nicht so rasant. (für ein Orchester rasant). Leider ist dieses Beispiel nicht auf andere Bereiche anzuwenden.
Natürlich kann jede*r seine Bewerbung anonym einreichen. Da das aber von Recruitern (noch) nicht anerkannt ist wird man da wohl schon aussortiert.
Natürlich kann man einen anderen Test einführen, der anonym ist, aber das ist nicht bei jedem Job machbar.
Es gibt Studien, dass besonders dann weniger objektiv und sexistischer eingestellt wird, wenn man (Mann) davon überzeugt ist komplett objektiv zu handeln und nicht sexistisch zu sein. (Ja, true story).
Dann bekommen völlig unqualifizierte Frauen den Job, nur um damit die Quote erfüllt ist.
Die Quotenfrau. Ach, ja. Das neue „die hat sich hochgeschlafen“. Oftmals von Neidern verwendet, ja, auch häufig von Frauen.
Ja, je nachdem welche Art von Quote man nutzt kann es passieren, dass eine Frau nur eingestellt wird um „die Quote zu erfüllen.“ Aber zum einen glaube ich nicht, dass wirklich alle Frauen, die sich auf eine Stelle bewerben (oder zur Wahl aufstellen lassen) völlig unqualifiziert sind, zum anderen ist es ja auch im Sinne der Unternehmen, als auch der Parteien doch auf die Qualifikationen zu achten. Es ist doch ganz einfach – wird keine passende Kandidatin gefunden wird eben weiter gesucht. Das passiert auch bei Positionen, bei denen keine Quote eingehalten werden muss. Warum das plötzlich so bei einer Frauenquote sein soll erschließt sich mir nicht.
Ein Beispiel für eine Quotenfrau ist übrigens Angela Merkel. Diese wurde 1991 nur in das Kabinett von Kohl geholt, um zwei Quoten mit einer Klappe zu schlagen. Die Frauen- und die Ossiquote. Und man kann jetzt von ihr und ihrer Politik halten was man will, aber von der Quotenfrau zur Bundeskanzlerin schafft man es halt nicht, wenn man nicht zumindest ein wenig Kompetenz hat.
Ich werde als „unqualifizierte“ Quotenfrau abgestempelt, obwohl ich es mir hart erarbeitet habe
Ja, my Dear, das kann passieren. Aber … siehe oben. Jede Frau, die etwas erreicht wird irgendwann an den Punkt kommen, wo ihr vorgeworfen wird, dass sie das nicht durch gute Arbeit, sondern durch eine Quote, Hochschlafen, Intrigen, *unqualifizierten Grund deiner Wahl einfügen*, geschafft hat. Es liegt an uns dieses Denken aufzubrechen. Auch an dir, Darling. Kommt eine neue / zweite Frau dürfen wir nicht gleich auf Abwehrhaltung gehen, nicht auf diesen Gedanken „die kann eh nix“. Um das zu schaffen müssen wir einzeln gesehen unserer eigene Denkweise ändern, weg von dem „Dieses eine Stück Kuchen ist für alle Frauen, der Rest für die Männer“, hin zu, wir teilen den Kuchen gerecht auf.
Ein gesellschaftlicher Schritt ist es eben den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Gibt es mehr Frauen in den entscheidenden Positionen entsteht der Eindruck nicht mehr (mein naiver Glaube)
Frauen fallen aus, weil sie schwanger werden / Frauen werden schwanger, sobald es „unbequem“ wird
Ok, ja, den Gedanken kann ich verstehen. Beide Gedanken sogar. Ja, ich kenne Frauen, die schwanger wurden, weil der Job nicht (mehr) so toll war. Aber andernfalls würden sie dann vlt einfach den Job wechseln (nur so ein Gedanke). Zum Glück ändert sich etwas in unserer Gesellschaft, sodass immer häufiger vorkommt, dass (auch) Männer in den Vaterschaftsurlaub gehen und wir davon wegkommen, dass der Vater unbedingt den ganzen Tag arbeiten muss (und die Frau den ganzen Tag zu Hause ist).
Davon abgesehen reden wir von Positionen in Aufsichtsräten und Vorständen. Das sind, zumindest aktuell noch, Stellen, die man in einem Alter wahrnimmt, in dem die Familienplanung meist abgeschlossen ist. Das Durchschnittsalter von Dax-30-Vorständen beträgt immerhin ca. 53 Jahre. Zwar bekommen immer mehr Leute Kinder in späteren Jahren, aber so spät dann doch nicht.
Und auch hier greift wieder – je mehr Frauen in den entsprechenden Positionen sitzen, desto höher das Verständnis für Vereinbarkeit von Familie und Job und somit zu mehr Betreuungsangeboten und Unterstützung.
Männer werden durch die Quote diskriminiert
Ach, jetzt komm schon! Wir reden hier von einem Frauenanteil von 30-40%, nicht davon alle Vorstände komplett weiblich zu gestalten. Also noch nicht einmal von einer Aufteilung 50:50. Inwieweit diskriminiert das bitte Männer? Heißt es wird min. noch 60% Männer geben und so wie sich die historische Entwicklung zeigt wird der Frauenanteil nicht signifikant höher als die Quote werden. Also, wo haben jetzt Männer weniger Chancen? Weil der Kuchen (ich mag dieses Beispiel) nur noch 60% beträgt, statt 100? Keine Sorge, dein Buddy wird dir ein Stück aufheben.
Ok, jetzt einmal weniger sarkastisch. Ich kann völlig nachvollziehen, dass bei einer starren Quotenregelung der Eindruck entsteht es wäre diskriminierend Männern gegenüber. Dies wird aber nur solange passieren, bis die Quote erfüllt ist. Heißt, ist die Quote erfüllt und es wird ein weiterer Posten frei (z.B. weil einer der Männer in Rente geht) ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass ein Mann diesen Posten bekommt. Mal wieder. Frauen werden in Führungspositionen seit jeher diskriminiert und das auf eine viel gravierende Weise als es eine Frauenquote je könnte.
Allein, dass es Frauen nur durch eine Quote möglich gemacht wird (was die Zahlen zeigen) ist doch schon diskriminierend (für Frauen). Glaubt mir, mir wäre es auch lieber es würde sich von allein regeln.
Es gibt auch Bereiche da werden Männer diskriminiert und weniger eingestellt als Frauen
Ja, gibt es. Keine Frage. Z.B. in der Erziehung. Ein männlicher Kindergärtner? Der kann doch nur pädophil sein. Ein falscher Eindruck und du hast als Mann keine Chance mehr, und davor waren sie auch schon schlecht.
Das ist scheiße, denn es gibt bestimmt gute Erzieher, Kindergärtner, egal welches Geschlecht. Und, nur so nebenbei, es gibt auch pädophile Frauen. Seltener, aber gibt es.
Aber auch hier, wir reden von einem Anteil in Vorständen, in der Politik usw. Nicht von dem Kindergarten um die Ecke.
Um aber auf das Argument einzugehen – Ja, hier muss sich was ändern. Auch hier ist die Politik und die Gesellschaft gefragt. Woher kommt diese Angst? Wie kann man Leuten (also Eltern) diese Angst nehmen?
Vielleicht ist ein Schritt dahin (also nicht vlt, sondern unbedingt), dass wir aufhören Männer zu verurteilen, sobald sie „Frauenberufe“ wählen. Vielleicht sollten wir auch einfach mal aufhören Jobs nach „Frau“ und „Mann“ zu teilen.
Die Frauenquote ist nicht die Lösung, um den Frauenanteil zu erhöhen müssen andere Dinge geschehen
Es ist wahr, die Frauenquote kann nur bedingt etwas ändern.
Ja, es müssen bessere Betreuungsmöglichkeiten geschafft werden, ja, es muss für Mütter leichter werden nach einer Schwangerschaft zurück in den Beruf zu kommen. Es muss auch akzeptiert werden, wenn Männer sagen sie werden Hausmann (auch Vollzeit). Der Gender Data Gap muss geschlossen werden, leider wird er noch größer.
Um einiges davon zu erreichen müssen Frauen sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft stärker vertreten werden.
Denn, und auch das zeigt der Gender Data Gap, überlässt man Entscheidungen nur den Männern, so werden Frauen (und deren Bedürfnisse) ganz einfach vergessen. Gar nicht böswillig, sondern einfach, weil die Sichtweise fehlt. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass nach einem Erdbeben in Gujarat (westindischer Bundesstaat) beim Wiederaufbau vergessen wurde Küchen in die Häuser zu bauen. In dem Gremium saß keine einzige Frau.
Eine Frauenquote kann nur eine Krücke sein, auf keinen Fall sollte man sie als einzige Lösung sehen und erst recht nicht auf ihr ausruhen.
Auf die Frauen, die in den Vorständen, Aufsichtsräten, Gremien etc muss auch gehört werden.
Frauen sind nicht in der Lage zu führen, das ist zu komplex für Frauen etc.
Ok, dazu muss ich, hoffentlich, nicht mehr viel sagen. Wer so denkt ist nur misogyn und sexistisch. Menschen (…. Männer) die so denken kann man auch nicht mehr helfen. Da diskutiere ich auch nicht mehr mit.
Schlusssatz – wofür ist die Eule
Als ich diesen Bericht anfing zu schreiben war ich ganz klar für eine relative, zeitlich begrenzte Quote. Also Frauen erhalten den Posten bei gleicher Qualifikation, die Quote gilt X Jahre nachdem die angesetzte Quote erreicht wurde.
Lese ich mir meine eigenen Argumente durch, finde ich den Gedanken an eine absolute Quote doch verlockend. Im Grunde fände ich eine Staffelung ganz gut.
Bis zu einem Punkt eine absolute Quote, dann eine relative, bei der die Qualifikation eben berücksichtigt wird und irgendwann brauchen wir keine Quote mehr. Das wird aber sehr, sehr lange dauern.
Wie die Zahlen zeigen ist der Frauenanteil noch sehr gering, ohne eine Quote tut sich nichts und die Quote wird sehr selten überschritten. Eine eingeführte Quote also zu früh abzuschaffen würde auch nur dazu führen, dass der Frauenanteil wieder zurück geht.
Sowohl für die Gesellschaft als auch die Wirtschaft (und auch die Medien und die Wissenschaft) ist es von Vorteil (ja, auch für die Männer), wenn der Frauenanteil steigt. Frauen sollen nicht, und das will auch niemand, komplett alles zu 100% übernehmen, niemand will „den Spieß umdrehen“. Aber bei angedachten 40% zu jammern ist schon ein starkes Stück.
Bei Einstellungsverfahren bin ich auch stark für zwei anonyme Runden (anonymer Lebenslauf, 1. Anonymer Einstellungstest). Es muss alles Hand in Hand gehen.
Aber bis das alles da ist, bis wir wirklich nur nach Leistung eingestellt werden, auch in den Führungspositionen, bis dahin brauchen wir halt Krücken.
Quellen
Buch „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado Perez (da besonders die Seiten 133-136 und 382)
https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenquote
https://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/expertenrat/hansen/expertenrat-klaus-hansen-dass-vorstandsposten-schleudersitze-sind-ist-nur-ein-mythos/24902584.html?ticket=ST-3806778-o5fQlKEslpXPGndLdVd5-ap5
https://www.lpb-bw.de/frauenquote-gesetz
https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/mdb_zahlen_19/frauen_maenner-529508gmx.net
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